1. Deutsche Meisterschaft für Menschen mit Behinderung. Daniel Flock unter den TOP10 mit Elogewinn

Vom 25 November - 01. Dezember 2024 fand die 1. Deutsche Meisterschaft für Menschen mit Behinderung in Augsburg statt. Eine Spielerin und 17 Spieler fanden sich im Ibis Hotel in Augsburg ein. Dem Erstplatzierten winkte ein Qualifikationsplatz für das Deutsche Kandidatenturnier 2025.

 

Das Turnier wurde von Nadja und Artur Jussupow organisiert, die uns jeden Wunsch von den Augen ablasen für eine angenehme Atmosphäre sorgten. Ich machte mich also am Montag auf den Weg nach Augsburg. Die Anreise war sehr bequem, da man mit dem ICE von Mainz direkt nach Augsburg fahren kann.

 

Ich war an Platz 9 gesetzt, war mir aber sicher, dass es nicht leicht werden würde, da sich im Teilnehmerfeld zwei Internationale Meister befanden, und sehr anbitionierte Jugendliche, wo man nie weiß woran man ist. Die Wertungszahlen sind im Behindertenschach nicht so relevant, da viel trainiert, aber oft wenig gespielt wird.

 

Das sollte ich in der ersten Runde gegen Markus Pillath (1314) aus Plochingen erfahren. Obwohl Markus 18. der Setzliste war, spielte er sehr solide und ich kam nicht über ein remis hinaus.

 

In der zweiten Runde wartete ein Veteran des Seniorenschachs auf mich: Wolfgang Block (1952) aus Horrem. Die Partie erlebte ein Auf und Ab und ich war am Ende der Spieler, der vielleicht tiefer gerechnet hat. Ich gewann erst eine Figur und dann die Dame und damit die Partie in taktischen Komplikationen.

 

1,5/2 super Sache. Als Belohnung bekam ich in der 3. Runde mit IM Sergej Salov (2129) aus Lübeck den Erfahrensten aller Teilnehmer mit 84 Jahren. Kleiner Fun Fact: Sergej Salov war der erste Trainer der Svane-Brüder aus Lübeck, die heute erfolgreiche Großmeister sind. Ich wollte ihn mit einer Nebenvariante im Tarrasch-Franzosen überraschen. (1. e4 e6, 2. d4 d5, 3. Sd2 Sc6!?) Leider kannte er sich nicht nur gut aus, sondern er hat auch ein sehr interessantes postionelles Konzept gespielt. Diese Partie hatte Artur Jussupow direkt im Gruppentrainig für die Teinehmer genutzt. Er hatte mich aber trotzdem gelobt, dass ich kompliziert und scharf gespielt habe und auch ziemlich gut rechnen könne.

 

Sowas geht natürlich runter wie Öl.  1,5/3 alles im grünen Bereich.

 

4.Runde: Meine Gegnerin Manuela Mekus (1547) vom Düsseldorfer Sk kenne ich schon sehr lange. Wir haben schon oft die Klingen gekreuzt, und ich hatte echt Probleme was zu finden, um sie zu überraschen. Manuela sagte mir, dass sie nach 30 Jahren Königsindisch eine neue Verteidigung brauchte. Sie überraschte mich mit Slawisch, aber dort war sie noch nicht so sattelfest und ich gewann schnell einen Bauern. Aber Manuela kann kämpfen und rettete sich in ein Endspiel mit ungleichfarbigen Läufern, wo der Mehrbauer eigentlich keine Rolle mehr spielte. Aber nach einigen Ungenauigkeiten in Zeitnot hatte ich dann doch ein gewonnenes Endspiel, welches ich verwerten konnte. (2,5/4 alles gut!)

 

Die Runde 5 geht ganz klar auf meine Kappe. Ich habe mich zu was hinreißen lassen, was man nicht tun sollte. Mein Gegner Armin Maier (1876) aus Schramberg-Lauterbach (Schwarzwald) sagte mir, dass er sich 3 Stunden auf meinen Jobava-Londoner aus der 2. Runde vorbereitet hatte. Ich hatte mich nur generell vorbereitet und ich hatte auch keinen Laptop mit oder sowas. Um ihn halt ein bisschen zu ärgern spielte ich 1.e4 und wir landeten in einer scharfen Sveschnikow-Varante, die ich nicht gut kannte, und ich griff früh fehl. Das war nicht gut. Die Partie dauerte dann nicht lange und ich verlor. (2,5/5 ärgerlich!)

 

Die Auslosung der vorletzten Runde brachte mich mit Matthias Steinhart (1664) aus Freiberg am Neckar zusammen. Matthias ist blind, aber eine echte Frohnatur. Wir haben uns schon bei den Mahlzeiten gut unterhalten und viel Spaß gehabt. Wer Steinhart mit Nachnamen heißt, spielt auch so Schach.  Ich hatte die schwarzen "Möpse" und spiele wieder Französisch. Es ergab sich ein komplizierter Winawer mit 4. Sge2. Ich war im Springerendspiel etwas genauer und gewann ein paar Bauern und damit die Partie. (3,5/6 Back on Track!)

 

Was würde die letzte Runde bringen. Da es einen Rücktritt gab, konnte ich nicht mehr genau vorhersagen, wer mein Gegner sein konnte. Ich durfte gegen den Turnierfavoriten IM Aleander Maier mit den schwarzen Steinen spielen. Zwei IMs in einem Turnier, das war auch neu für mich. Alexander spielte 1.g3 und es war sehr untheoretisch. Es war eine komplizierte Partie, wo sich der erfahrene IM sicher durchsetzte.

 

Endstand: 3,5/7 Platz 10 mit dickem Elo- und DWZ-Gewinn.

 

Alle Infos, Partien und Tabelle hier

 

Bericht auf der Seite des Deutschen Schachbundes hier

 

Abschließend möchte ich sagen, dass Schach per Definition schon inklusiv ist. Ich spiele ja auch im Verein in der 2. Mannschaft. Und ich habe mir auch als Kind Schach ausgesucht, damit ich mit allen Leuten spielen kann, ohne dass man für mich die Regeln ändern muss.

Aber wenn es eine Sportart in Deutschland gibt, die auch Menschen mit Behinderung betreiben, dann kann es gesonderte Deutsche Meisterschaften geben, um in dem Fall den Schachsport bei Menschen mit Behinderung zu popularisieren.

 

Nächstes Jahr soll die Deutsche Meisterschaft für Menschen mit Behinderung in Ruit in der Landessportschule stattfinden im Rahmen eines Inklusionsgipfels des Deutschen Schachbundes.

 

 

Daniel Flock